Chatstep und die “Operation Plausch”

In letzter Zeit häufen sich die Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit „Chatstep“. Doch was ist Chatstep überhaupt? Wie kommt es zu strafbaren Handlungen? Und wie laufen die Strafverfahren ab?

Autor

Tommy Kujus

Aktualisiert

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    Das sagt das Gesetz:

Was ist Chatstep?

Chatstep ist ein Onlinedienst aus einer Zeit, in der noch niemand an Plattformen wie Facebook, Twitter oder Snapchat oder Instagram dachte. Letztlich ist es ein Online-Chat, bei dem man sich entweder anmelden kann oder ohne Anmeldung als Gastnutzer auftritt. Der Dienst ist weitestgehend anonymisiert. Von den Nutzern können eigene Chaträume erstellt und gegebenenfalls mit einem Passwort gesichert werden. Zugleich ist das Hoch- und Herunterladen von Dateien in den Chaträumen eine weitere Funktion von Chatstep.

Mit dem Siegeszug von Social Networks haben die Nutzerzahlen bei Chatstep zwar abgenommen, der Dienst ist in verschiedenen Ländern, inklusive Deutschland, allerdings immer noch weit verbreitet.

Austausch von Kinderpornografie

Der Onlinedienst ist in den letzten Jahren wiederholt in die Schlagzeilen geraten. Dabei stand die Plattform insbesondere im Verdacht, durch Nutzer zum Austausch strafrechtlich relevanter Bilder und Videos verwendet zu werden. Darunter insbesondere Kinder- und Jugenpornografie.

Bereits 2016 wurden tausende Verdächtige in Deutschland identifiziert. Allein im Jahr 2017 kam es zu zahlreichen Durchsuchungen und Festnahmen. Im Juli 2017 ließ das Bundeskriminalamt mitteilen:

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main – Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) – und Polizeibehörden der Bundesländer haben in der Zeit vom 05.07.2017 bis zum 19.07.2017 die Wohnungen von insgesamt 67 Tatverdächtigen in nahezu allen Bundesländern – koordiniert vom Bundeskriminalamt (BKA) – durchsucht und zahlreiche Beweismittel, insbesondere Computer und Datenträger, sichergestellt. 

Die 67 Beschuldigten – im Alter von 18 bis 80 Jahren – stehen im Verdacht, unter widerrechtlicher Nutzung des Internet-Dienstes “Chatstep” kinderpornographische Bild- und Videodateien ausgetauscht zu haben. Gegenstand der zwischen den Beschuldigten ausgetauschten Aufnahmen waren Darstellungen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, darunter auch von Kleinstkindern, sowie von sexueller Gewalt zum Nachteil von Kindern.

Einige der Verfahren dauern bis heute an.

Zusammenarbeit zwischen Seitenbetreiber und Behörden

Wie kommt es aber zu diesen Ermittlungsverfahren? 

Wie so oft, täuscht die vermeintliche Anonymität des World-Wide-Webs. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass US-Amerikanische Internetdienstanbieter per US-Bundesgesetz dazu verpflichtet sind, festgestellte Fälle des Austausches von Kinderpornografie zu melden. Wird ein Fall aufgedeckt, ergeht eine Meldung an das “National Center für Missing and Exploited Children (NCMES).”

Das NCMES

Neben der Verpflichtung von Onlinediensten strafrechtlich relevante Fälle zu melden, können auch Privatpersonen (sog. “CyberTips”) Hinweis  (sog. “CyberTipline Reports”) einsenden. Nach Aussage der NCMES sollen monatlich rund eine Million Reports bei der Organisation eingehen.

Diese Hinweise werden durch die Organisation gesichtet und an die zuständigen Behörden weitergeleitet. Zugleich besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem “International Center for Missing & Exploitiert Children (ICMEC).” Diese globale Organisation kooperiert ihrerseits mit den Behörden in über 100 Ländern weltweit – darunter auch Deutschland.

“Operation Plausch”

Das Bundeskriminalamt hat im Rahmen dieser Kooperation seit 2014 die Möglichkeit, auf die gesammelten Daten des NCMES und ICMES tagesaktuell zuzugreifen. Auf diesem Weg gelangen die deutschen Strafverfolgungs-Behörden letztlich an die relevanten und gemeldeten Sachverhalte, inklusive Beweismittel und IP-Adresse der Verdächtigen.

Seit 2015 sind vermehrt private Hinweisgeber (“CyberTips”) auf Chatstep unterwegs. Aufgrund der großen Zahl an Verdachtsfällen, die nach Deutschland führen, werden die Ermittlungen zusammenfassend beim Bundeskriminalamt unter der “Operation Plausch” (OP Plausch) geführt.

Einleitung eines Strafverfahrens

Das Bundeskriminalamt erhält über das NCMES insbesondere Zugriff auf die IP-Adresse des Nutzers. Über den Internetanbieter können Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln, welchem Internetanschluss die IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt zugeordnet war.

Wer als Tatverdächtiger ermittelt wurde, wird in der Regel zeitnah Besuch von der Polizei – natürlich ohne hiervon im Vorhinein informiert zu werden.

Im Rahmen der Hausdurchsuchung werden alle elektronischen Speichermedien sichergestellt oder beschlagnahmt, also PC, Laptop, Handy, Smartphones, SD-Karten, Festplatten und, und und…  Diese werden zunächst von der Polizei und anschließend in der Regel von einem Sachverständigen durchsucht.

Fazit

Steht der Vorwurf der Verbreitung, des Erwerbs oder des Besitzes von jugend- oder kinderpornografischen Schriften einmal im Raum, folgen regelmäßig Hausdurchsuchungen und die Sicherstellung aller Datenträger. Je nach konkretem Tatvorwurf, insbesondere der Anzahl der Dateien, der Art der dargestellten Pornografie sowie den übrigen Gesamtumständen drohen im Falle einer Verurteilung hohe Strafen und weitreichende persönliche Nachteile. Als Verdächtiger im Rahmen der OP Plausch sollte man sich frühzeitig mit einem Experten in diesem Bereich in Verbindung setzen.

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