Bildung terroristischer Vereinigungen

Sowohl die Gründung einer terroristischen Vereinigung wie auch die Mitgliedschaft in einer solchen und schließlich auch die Unterstützung und das Werben sind gem. § 129a Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Was die Voraussetzung für eine solche Vereinigung sind, welche Kritiken hinsichtlich des Strafbestands geäußert werden und welche Strafen drohen können, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Autor

Tommy Kujus

Aktualisiert

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    Das sagt das Gesetz: § 129a StGB

    (1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

    1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
    2. Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
    3. (weggefallen)
    zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

    (2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

    1. einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
    2. Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
    3. Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
    4. Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
    5. Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
    zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

    (3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

    (4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

    (5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

    (6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

    (7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

    (8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

    (9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

Was ist die „Bildung terroristischer Vereinigungen“?

Die Bildung terroristischer Vereinigungen steht unter Strafe. Eine entsprechende Strafnorm findet sich im Strafgesetzbuch (StGB). Konkret handelt es sich um § 129a StGB.

Wann ist die „Bildung terroristischer Vereinigungen“ strafbar?

Der Straftatbestand der Bildung terroristischer Vereinigungen dient dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und der staatlichen Ordnung.

Hintergrund

Die Norm wurde am 18. August 1976 in Bezug auf die Rote Armee Fraktion (RAF) in das Strafgesetzbuch eingefügt. Erstmals hielt der Begriff der „terroristischen Vereinigung“ Einzug in das StGB. Der Tatbestand gilt daher auch als „Lex RAF“.

Die letzte Änderung erfuhr die Strafnorm im Juni 2002 nach Aufforderung des Rates der Europäischen Union mit Blick auf den internationalen Terrorismus.

In jüngster Zeit wird der Tatbestand in Ermittlungsverfahren gegen den Rechtsextremismus des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) oder der „Oldschool Society“ diskutiert.

Voraussetzungen

Strafbar ist die Gründung von terroristischen Vereinigungen oder die Beteiligung als Mitglied, wenn die Vereinigung den Zweck der Begehung der in Absatz 1 und 2 genannten Straftaten hat. Unter Strafe gestellt ist auch das Unterstützen und Werben für derartige Vereinigungen.

Der Begriff der terroristische Vereinigung wird definiert als „organisierte Verbindung von mehr als zwei Personen, die auf längere Dauer angelegt sind und zusammenarbeiten, um terroristische Straftaten zu verüben“.

Die Vereinigung muss – in Abgrenzung zu § 129 StGB („Bildung krimineller Vereinigungen“) – eine terroristische Zweckbestimmung haben. Hierzu gehört die Bestimmung, mittels Straftaten „die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern“.

Kritik

Der Straftatbestand des § 129a StGB stößt immer wieder auf vielfache Kritik.

Hauptkritikpunkt ist die weit vorgelagerte Strafbarkeit. Es wird vorgeworfen, dass die Strafnorm unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung politischen Aktivismus unter Strafe stellt. Der § 129a StGB wird daher oft auch als „Gummiparagraf“ bezeichnet.

Selbst der Bundesgerichtshof sieht, dass mit dem § 129a StGB eine Strafbarkeit, „schon weit im Vorfeld der Vorbereitung konkreter strafbarer Handlungen“ begründet wird. Häufig wird daher vertreten, der § 129a StGB sei verfassungswidrig und gehöre abgeschafft.

Nicht zuletzt ermöglicht der Straftatbestand der Bildung von terroristischen Vereinigungen vielfältige strafprozessuale Eingriffsmöglichkeiten (Telekommunikationsüberwachung, Sammlung von Daten etc.). Die Kritiker der Vorschrift führen an, dass der § 129a StGB nur geschaffen wurde, um staatliche Abhörmaßnahmen rechtfertigen zu können.

Vor dem Hintergrund, dass gerade einmal 3 % aller eingeleiteten Ermittlungsverfahren in den 1990er-Jahren mit einem gerichtlichen Urteil endeten, erscheint die Kritik an der Vorschrift nachvollziehbar.

„Wir sind alle 129a!“

Der vorgenannten Kritik hat sich die Jugendorganisation der Partei „Die Grünen“ („Grüne Jugend“) angenommen und das Projekt „Wir sind alle 129a!“ ins Leben gerufen. Sie fordern die Abschaffung des § 129a StGB.

Bildung terroristischer Vereinigungen im Ausland

Die Bildung terroristischer Vereinigungen wurde nach den Anschlägen des 11. September 2001 in § 129b StGB eingefügt.

Bildung terroristischer Vereinigungen

Diese Strafvorschrift wurde gegen die sog. „Sauerland-Gruppe“ angewandt. Diese wurden aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur aus Usbekistan stammenden Islamische Dschihad-Union (IJU) verurteilt.

Strafe

Für die Bildung terroristischer Vereinigung wird eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren angedroht. Eine Geldstrafe ist nicht möglich.

Es handelt sich bei diesem Straftatbestand daher um ein Verbrechen.

Im Falle einer Verurteilung droht damit ein empfindlicher Freiheitsentzug, da nur Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren noch zur Bewährung ausgesetzt werden können. Die konkrete Strafe im Einzelfall ist abhängig von der Intensität der eigenen Mitgliedschaft sowie der Art und dem Umfang der eigenen Beteiligung.

Häufige Fragen

  • Wie wird “Vereinigung” definiert?

    Die Definition von Vereinigung findet sich in § 129 Abs. 2 StGB. Danach ist eine Vereinigung “ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses”.

  • Wie und wann unterstützt man eine solche terroristische Vereinigung?

    Ein Unterstützer ist eine Person, die ohne selbst Mitglied zu sein, die Tätigkeiten und Bestrebungen der Vereinigung unmittelbar oder mittelbar durch ein Mitglied der Vereinigung fördert. Eine Förderung kann entweder durch physisches oder auch psychisches Handeln stattfinden.

  • Was bedeutet: “die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern”?

    Dafür muss ein beachtlicher Teil der Gesamtbevölkerung betroffen sein. Eine andere Alternative wäre das gezielte Ansprechen von der ausländischen Bevölkerung. Oft ist das Ziel von terroristischen Vereinigungen gegen religiöse Gruppen vorzugehen. Daher ist es auch angebracht, die Betroffenheit eines bedeutenden Teils der Bevölkerung genügen zu lassen.

  • Was ist der Unterschied zwischen einer kriminellen Vereinigung und einer terroristischen Vereinigung?

    Terroristische Vereinigungen begehen Straftaten, um bestimmte politische Ziele zu erreichen. Bei einer kriminellen Vereinigung geht es in erster Linie um die Gewinnerzielungsabsicht. Allerdings ist es in der Praxis schwierig, die beiden Formen voneinander zu unterscheiden.

  • Sind militärische Organisationen auch terroristische Organisationen?

    Kurz gesagt: Ja! Unter Umständen – also je nach Zweck und Beteiligung – können militärische Organisationen auch terroristische Organisationen im Sinne des § 129a StGB sein.

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